Schleudern mit Altbenzen!


Schon seit längerer Zeit reifte in mir die Idee, mit meinem W108 an einem Fahrsicherheitstraining teilnehmen zu wollen.

Mit meinem Alltags-smart hatte ich bereits drei solcher Trainings absolviert, und habe dabei wirklich eine Menge gelernt. Da sich aber nun eine über 30 Jahre alte S-Klasse in Extremsituationen durchaus anders verhalten kann als ein smart, wollte ich mich nun auch mit diesem Auto einmal gefahrlos an den Grenzbereich herantasten (und gegebenenfalls darüber hinausgehen).

Leider bot sich nirgendwo die passende Gelegenheit zu einem solchen Training; außerdem dachte ich mir, daß es in einer Gruppe Gleichgesinnter deutlich mehr Spaß machen müßte um die Pylonen zu schlittern, und so beschloß ich, ein solches Training selbst zu organisieren.

Als Organisationsbasis bot sich die Internet-Plattform des Sternschuppens an, wo ich ohnehin bereits seit längerem aktiv bin.
Also sprach ich mit Pleff, dem Webmaster und Initiator des Sternschuppens und flugs stellte er ein Anmeldeformular auf die Seite. Nun gab es also kein Zurück mehr!

Nach einigem Hin und Her hatte ich auch einen geeigneten Trainingsplatz für unsere greisen Benze gefunden: der ADAC hat in Koblenz ein modernes Trainingszentrum aufgebaut, welches für unsere Fahrzeuge wie geschaffen war: es gibt dort Wasserhindernisse sowie eine hydraulisch bewegte Platte, die beim Überfahren das Fahrzeug zum Ausbrechen bringt.
Diese Ausstattung war wichtig, weil auf einfacheren Plätzen alle Hindernisse stets nur aus Pylonen bestehen - und wie sollte ich dann meinen Altmercedesfreunden erklären, daß sie hinterher eventuell den Kunststoffabrieb dieser Pylonen vom Lack schaben müßten?
Auch die "Schleuderplatte" war für uns zwingend notwendig. Wenn keine solche Einrichtung auf dem Übungsplatz vorhanden ist, sitzt im Regelfall ein Instruktor neben dem Trainierenden im Fahrzeug und betätigt bei Bedarf die Handbremse - und das gestaltet sich schließlich bei unseren Wagen recht schwierig. Manche haben ein für den Trainer unerreichbares Fußpedal links im Fußraum, und andere Fahrzeuge verfügen lediglich über eine Stockhandbremse mit eher "milder" Wirkung, so daß wir auf "äußere Einflüsse" zum Ausbrechen zwingend angewiesen sind.

Alternativ zum Trainingsplatz in Koblenz hatte ich übrigens auch beim Fahrsicherheitszentrum am Nürburgring nachgefragt; dort hielt man es aber nicht einmal für nötig, mir auf meine e-mails oder Briefe auch nur zu antworten. Offensichtlich hat man es dort nicht nötig... :-(

Aber auch beim ADAC hatte man anfangs noch Vorbehalte gegen die Idee, mit Fahrzeugen die teilweise deutlich älter als 30 Jahre waren, noch ein Sicherheitstraining durchzuführen. Nach etwas Überzeugungsarbeit konnte sich aber der Kursleiter Herbert Fuss dazu durchringen, einmal probehalber ein solches Training abzuhalten. Mit der Aussage "Man muß ja nicht gleich mit voller Kraft loslegen, dann werden wir uns eben vorsichtig an die Autos herantasten" erklärte er schließlich seine Zustimmung, wofür ich mich auch hier noch einmal herzlich bedanken möchte.



Am Tage des Trainings trafen wir mit acht Fahrzeugen in Kolonne am Übungsplatz in Koblenz ein, weil wir natürlich die Gelegenheit genutzt hatten, das Fahrtraining mit einem Treffen und gemeinsamer Ausfahrt durch den Taunus zu verbinden – was ja auch gerade den Sternschuppen auszeichnet: Gelegenheit macht Treffen!

Dort angekommen, eroberte man die Schulungsräume und räumte erst einmal die mitgebrachte Tagesverpflegung aus den Fahrzeugen, damit Bockwürste und Getränkeflaschen auf dem Parcours nicht beulenschlagend durch die Kofferräume poltern.

Dann folgte eine kurze theoretische Einführung: "was machen wir hier eigentlich heute???"


und dann ging es auch schon los!

Auch der Wettergott hatte ein Einsehen und bescherte uns trotz denkbar schlechter Prognosen ein bestmögliches Wetter! Der einzige nennenswerte Regenguß ereilte uns pünktlich zur Mittagspause, und nachdem wir uns gründlich gestärkt hatten und wieder zur Tat schreiten wollten, rissen auch die Wolken wieder auf!

Der Einzug der Gladiatoren auf dem Übungsplatz und die Startaufstellung:

Der Käfer stellte sozusagen die Vorhut und erkundete bei jeder Übung das Terrain für die nachfolgenden Mercedes der verschiedensten Baureihen und Altersstufen.
Petra, die mutige VW-Pilotin er-fuhr sich in kürzester Zeit die Zustimmung und Anerkennung der durchweg männlichen Mercedes-Fahrer.

Das Teilnehmerfeld war von den Baureihen her gut durchmischt: es starteten folgende elf Fahrzeuge:

W112 300 SE Cabrio
W108 280 SE
W116 350 SE
W108 280 S
W115 200
190b Ponton
W111 220 Coupe
W126 280 SE
W115 220 D
W126 280 SE
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und eben ein Käfer...

Heckflossen waren leider nicht vertreten, und auch von den drei ursprünglich angemeldeten W107 erschien letzten Endes nicht einer. Einer der Teilnehmer sagte leider am Vortag des Treffens kurzfristig ab, die beiden übrigen überließen anderen Fahrzeugen den Vortritt.


Wir begannen mit einem leichten Slalom
bei dem sich schnell herausstellte, wer im Feld zu den "energischeren" Fahrern gehörte.

Anschließend ging es an die Bremsübungen auf nasser Fahrbahn:

Wo wird er wohl zum Stehen kommen?
Er geht jedenfalls übers Ziel hinaus!




Wir übten Anhalten und Ausweichen auf nasser wie auf glatter Fahrbahn.

So etwas gelingt aber nicht immer...


Einseitig glatter Fahrbahnbelag erschwert das Anhalten.


Die Schleuderplatte brachte uns ins Schlingern...
wobei das Stabilisieren mal mehr
und mal weniger gut klappte!

Die Königsdisziplin: den Wagen erst auf der Schleuderplatte zum Ausbrechen bringen und dann mit dem schlingernden Fahrzeug einem plötzlich auftauchenden Hindernis ausweichen!
Auch das klappt manchmal,
aber eben doch nicht immer!

Auch wenn der eine oder andere mit manchen Übungen nicht so perfekt zurechtgekommen ist, hat doch jeder der Teilnehmer etwas neues gelernt und auch so manchen Aha-Effekt erlebt!
Auf jeden Fall haben sich alle Beteiligten tapfer geschlagen.


Auch der altersehrwürdige Ponton, der aus Gründen der Ehrfurcht vor dem fortgeschrittenen Reifegrad anfangs noch eine besonders vorsichtige Behandlung erfuhr


wurde im Laufe des Tages immer beherzter und ambitionierter gefahren


und konnte schließlich eindrucksvoll belegen, daß sich in der Fahrwerksentwicklung seit den fünfziger Jahren doch einiges getan hatte.



Er bewies aber auch, daß ein Mercedes von damals auch heute noch seinem Ruf gerecht wird und die solide Technik nach über 40 Jahren solch starken Belastungen immer noch gewachsen ist!


Als Kontrapunkt zu diesem Ponton war einer der teilnehmenden W126 bereits mit ABS ausgestattet und konnte so von kaum einer Fahrsituation ernsthaft überrascht werden. Dadurch waren auch die fahrwerkstechnischen Unterschiede zwischen den verschiedenen Generationen im direkten Vergleich ausgesprochen gut erkennbar.



Nach den letzten Übungen ging es noch einmal in die Schulungsräume, und nach einer Abschlußbesprechung bei der sich jeder noch einmal die während des Trainings aufgekommenen Fragen beantworten lassen konnte, wurden uns die Teilnahmeurkunden ausgehändigt und der Tag war um.
Selten sind acht Stunden so schnell und unbemerkt vergangen!
Es war ein kurzweiliger Tag und alle Beteiligten waren sich einig, daß diese Aktion unbedingt wiederholt werden müsse.

Dementsprechend ist auch bereits eine Neuauflage dieses Trainings in Planung!
Ein genauer Termin steht noch nicht fest, aber angedacht ist der Mai 2004.
Inzwischen sind auch hier bereits wieder mindestens sieben der zwölf verfügbaren Plätze vergeben...

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